Verteidigung der Nationalstaaten!

Bericht von der Geopolitischen Konferez in Moskau

Dieser Blog wurde in den vergangenen Tagen nicht aktualisiert, wel ich auf einer Geopolitischen Konferenz in Moskau war. Dort gibt es zwar alles mögliche, aber Internet-Cafes sind rar gesät, und das Konferenz-Hotel hatte weder Computer-Anschlüsse noch LAN oder gar WLAN …

Aber die Konferenz war sehr interessant! Eingeladen und gekommen waren um die hundert Personen – es war also eine Expertenkonferenz, nicht für Publikum. Zu den Stars der Versammlung gehörten Sergej Baburin, der frühere Vize-Präsident der Duma und heute Direktor an der Moskauer Wirtschaftsuniversität, wo die Tagung auch stattfand, sowie Leonid Ivashov, ein legendärer General der Russischen Armee, der im Juni 1999 den Vorstoß russischer Fallschirmjäger auf den Kosovo-Flughafen Prishtina kommandierte (um der NATO nach dem Waffenstillstand mit Jugoslawien einen russischen Sektor im Kosovo abzutrotzen, was wegen der mangelnden Unterstützung durch den damaligen Präsidenten Jelzin leider nicht klappte).

Daneben referierten weitere Vertreter des Instituts für Geopolitische Fragen, dem Ivashov heute vorsteht und das eines der wichtigsten Think Tanks in der strategischen Debatte des Landes ist, sowie Vertreter aus der Ukraine, Polen, Montenegro, Israel, Libanon sowie meine Wenigkeit. Außer mir war kein Vertreter aus westlichen Staaten dabei, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass die (im Hintergrund) mitveranstaltende Kommunistische Partei der Russischen Föderation (Vorsitzender: Sjuganov) keine allzu guten Erfahren mit ihrem Bruderpateien im Westen gemacht hat, weil diese nichts von der Verteidigung der Nationalstaaten halten, die wiederum für die KPFR ganz oben steht. Diese schwache Verbindungen mit dem Westen erklären wohl auch die ansonsten schwer verständliche Reputation, die das Ehepaar Larouche bei den Veranstaltern genießt – beide waren durch eine Videoeinspielung indirekt mit von der Partie. Bei allem, was sie ansonsten falsch machen, sind sie jedenfalls bei der Verteidigung des Nationalstaates sattelfest, und das gefällt den Russen.

Die These des Instituts für geopolitische Studien läßt sich etwa so zusammenfassen: Das Finanzkapizal entstand im Mittelalter in den oberitalienischen Stadtrepubiken, vor allem in Venedig, wanderte nach der Entdeckung Amerikas ins strategisch günstigere Holland (Antwerpen!) aus und wurde nach diesem Intermezzo für zwei,drei Jahrhunderte in London heimisch. Im 20. Jahrhundert führten wiederum weltpolitische Gründe zur Verlagerung der Kommandohöhen nach New York. Da der Niedergang des US-Imperialismus und des Dollars aber nicht mehr aufzuhalten ist, ist das Finanzkapital mittlerweile bereit, die USA unterzulassen und sich eine neue Operationsbasis zu suchen. Nach Einschätzung von Ivashov und Co. wird das – Rußland sein. Entsprechend negativ ist die Einschätzung der Putin-Regierung, die der Kollaboration mit dem internationalen Finanzkapital bschuldigt wird.

Die aktuellen Zuspitzungen dieser Theorie erscheinen mir, gelinde gesagt, nicht sehr gut fundiert. Aber das kann auch an dem Charakter von solchen Konferenzen liegen, wo für die Fundierung und Debatte immer wenig Zeit ist. Und die entsprechenden Ausarbeitungen gibt es bis dato nur auf russisch …

So spricht alles dafür, die Konferenz fortzusetzen. Das Klima war jedenfalls herzlich, und es herrschte große Einigkeit über eine Intensivierung der „eurasischen“ Perspektive. Auf Wiedersehen in Berlin?

9 Kommentare zu „Verteidigung der Nationalstaaten!

  1. shhht, Jürgen. Du kannst doch nicht „eurasisch“ sa…*autsch* … wer hat den Stein geschmissen?

    Im Ernst. Hätten die selbsternannten westlichen Linken aller Schattierungen, die sich nicht vom modernen antinationalismus, der nichts weiter ist als „Revisionismus“, abgrenzen, den Materialismus richtig verstanden, dann wüßten sie, daß die herausbildung Kontinentaler/Weltregionaler Blöcke ein Notwendiger Schritt in der Menschheitsgeschichte ist. Die Frage ist nur welche Klasse mit welchen politischen Kräften die führende Rolle einnimmt und diesen Etappensprung gestaltet. Das Bürgertum fällt dafür aus (von ein paar Einzelexemplaren abgesehen), wenn dies nicht so Enden soll wie die Herausbildung der EU, wo es am SChluß europaweit für alle die Löhne Rumäniens, die Preise Schwedens, die Überwachung wie in Großbrittanniens und Deutschlands Steuerrecht gibt.

    Ich denke, daß die Übersteigerte Putin-Kritik in der geringen Transparenz des Regimes und der Rivalität zwischen KPRF und ER geschuldet ist. Man sollte das nicht überbewerten. Natürlich kann Rußland nicht auf dicke Hose machen und sich alleine mit dem globalen Finanzkapital anlegen. Das haben sie schon 2x gemacht, in der Revolution und den folgenden Interventionskriegen und dann natürlich beim Übefall Nazi-Deutschlands. Wieviel Blutzoll soll Rußland für die unfähigen Europäer noch leisten?

    Die Weltrevolution ist eben kein Vorgang, der auf einer KI-Konerenz als einzelner globaler Akt beschlossen werden kann, sondern eine Generationen übergreifende Kette nationaler Revolutionen zur Herausbildung postkapitalistischer Staaten. Erst wenn diese die Träger der politischen, ökonomischen, und militärischen Dominanz bilden, kann das Finanzkapital gestürzt werden. Alles andere ist purer linker Extremismus. Und die Arbeiterklasse kann das nicht alleine Stemmen, schon garnicht im Trikont. Mit einem Anteil von über 60% an der Menschheit hat die Klasse der kleinen und mittleren Bauern (inkl Fischer usw) eine Position gegen die keine Revolution zu machen ist. Von Mittelstand in Industrie und Handel garnicht zu sprechen.

  2. Alles schön und gut ,aber war Russlands Umschwenken zusammen mit China in Richtung westlicher Anti-Iran-Politik auch Thema? Seitdem muss ich Russlands Politik zumindest in der Richtung leider mit anderen Augen sehen.

  3. Die eurasische Perspektive ist sicherlich ein interessante und überaus ernst zunehmende Perspektive. Jedoch für viele Gegenwartsmenschen schlichtweg nicht vorstellbar. Das sollte jedoch niemanden daran hindern auf solcherart von Konferenzen diese Thematiken zu diskutieren. Das die russischen Kommunisten mit Vorsicht zu genießen sind dürfte jedem klar sein der weiß woher das Geld für die „russische Oktoberrevolution“ unter anderem kam…..
    Ein „euro-russischer“ Block wäre sicherlich eine echte Alternative zur angol-amerikanischen Hegemonie. Mann sollte die Kontakte hier intensivieren, besonder im Hinblick auf die Einseitigkeit in der bundesrepublikanischen Medienlandschaft. Die Aufritte von Elsässer bei Russia Today kann man hier für als beispielhaft ansehen.

  4. Also eigentlich sollten sie es ja besser Wissen wenn sie schon das meiste ihrer Veröffentlichungen von den Larouches abschreiben!www.larouchepac.com

  5. Ein sehr interessanter Beitrag, vilen Dank dafür an Jürgen Elässer!!

    In der Tat ist es mal wieder sehr beschämend zu sehen, was „links sein“ heutzutage nicht nur bei den politischen Gegnern linker Ansätze, sondern auch bei der so genannten „Linken“ selbst im Westen Europa mittlerweile bedeutet: Verlogene moralintriefende PC-Hysterie und Hetze gegen Rußland und alle anderen Staaten, welche sich den USA nicht devot unterwerfen wollen…das zeigt wieder einmal, wie wichtig und richtig die Volksinitiative war und ist, um sich von diesem widerwärtigen Sumpf zu emanzipieren!!

  6. @Beobachter: „ein „euro-russischer“ Block wäre sicherlich eine echte Alternative zur angol-amerikanischen Hegemonie.“

    Sehr richtig!! Aber genau davor haben die neoliberalen Imperialisten in Washington (und auch in London), haben ihre devoten transatlantischen Speichellecker und Jubelperser ja auch so Angst…

    Und genau darum ist es unbedingt notwendig, sich für dieses Konzept einzusetzen!

    Denn, wie sagte es der olle Bebel sinngemäss einmal: „Wenn mich meine Feinde loben, dann habe ich etwas falsch gemacht!“

    Und umgekehrt gilt natürlich auch: Umso mehr transatlantische Freedomfetischisten, unsoziale Heuschreckenfirmen, Finanzoligarchen und anglophile Politkasper gegen ein solches Konzept schreien , desto richtiger wird es!!

  7. Ich muss widersprechen, Herr Elsässer. Das US-Establishment verlässt wie die Ratten das sinkende Schiff. Jedoch ist nicht Russland das Ziel, sondern die Stärkung supranationaler Organisationen: UNO, IWF, Weltbank, WHO, WTO, EU usw. = „New World Order“, ganz so, wie es „rechte Verschwörungstheoretiker“ aus den USA seit Jahrzehnten vorausgesagt haben.

  8. @Köppen Daniel

    Lyndon La Rouche ist Anführer einer Polit-Sekte. Und das meine ich auch so: eine Sekte! Ich kann nur davor warnen in seine Organisation einzutreten. Der Personenkult der dort um La Rouce betrieben wird ist schon abenteuerlich.

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