LINKE-Nachwuchspolitiker contra Elsässer

„Prager Frühling“ um Parteivize Katja Kipping warnt vor „Nationalisierung“ (Posting ab 11.15 Uhr mit P.S.)

Die gute Nachricht zuerst: Der „Prager Frühling“, ein Zusammenschluß von Nachwuchspolitikern in der Linkspartei, wird an der Linken Medienakademie LiMA am Wochenende 6. und 7. März teilnehmen. Die Gruppe hat nämlich nach eigenen Angaben „lange diskutiert“, ob sie absagen soll, denn auch Jürgen Elsässer wird auf der Konferenz Referent zweier Workshops sein.

Jetzt wollen die vorwiegend sächsischen Hoffnungsträger aber trotzdem anrücken. Begründung: „Wir werden nämlich nicht das Feld linker Auseinandersetzungen … für NationalistInnen räumen.“ Das freut mich! Bei aller inhaltlichen Kritik am „Prager Frühling“ halte ich insbesondere deren Frontfrau Katja Kipping, Bundestagsabgeordnete und Parteivize, für ein belebendes Element in der LINKEN.

In ihrer Begründung, warum sie die Volksinitiative unter die „NationalistInnen“ rechnen, schreiben die Leute vom „Prager Frühling“, daß „Elsässer & Co.“ Begriffe wie „Volksfront“ benutzten, die „mittlerweile von Nazis positiv besetzt worden“ sind. Und weiter:

„Gleiches gilt für die Idee einer Volksinitiative für Nationalisierung. Wir als Linke positionieren uns immer internationalistisch, manchmal antinational, aber nie national. Deshalb ist es auch nicht links, dazu aufzurufen, auf das „national bzw. ,alt-europäisch‘ orientierte Kapital“ zu setzen. Im Gegenteil: die Linke ist gegen die Macht das Kapitals, egal es ob amerikanisch, alt-europäisch oder deutsch ist.“

Das ist nun aus verschiedenen Gründen selten dämlich. Erstens ist der Begriff „Nationalisierung“ seit jeher lediglich ein Synonym für „Verstaatlichung“. Er trägt dem Umstand Rechnung, daß eine Verstaatlichung nur von einem Staat vollzogen werden kann, und Staaten gibt es heutzutage nur als Nationalstaaten. Die EU oder die UNO sind nicht Staat, können also auch nicht verstaatlichen. Es ist der Irrsinn der political correctness, Begriffe nicht aus inhaltlichen Gründen abzulehnen, sondern weil sie im Gehirn mancher Leute pawlowsche Reflexe auslösen: Alle Wortzusammensetzungen mit „Volk“ und „Nation“ sind also verboten, von der Volksinitiative über die Volkshochschule bis hin zur Nationalmannschaft.

Aber auch inhaltlich ist der Einwand schlecht durchdacht: Wie man am Donnerstag auf allen TV-Kanälen sehen konnten, setzen die Opel-Kollegen wie die Volksinitiative auf das „national bzw. alt-europäisch orientierte Kapital“. Sie fordern nämlich, daß Opel aus dem Verbund mit General Motors heraus gespalten wird und entweder als nationale oder – zusammen mit außerdeutschen Standorten von Opel und Vauxhall – als europäische Aktiengesellschaft neu gegründet wird. Trotz Belegschaftsanteil wird diese AG natürlich eine juristische Aggregatform des „nationalen bzw. alt-europäisch orientierten Kapitals“ sein. Das ist tatsächlich die einzig vorstellbare Lösung. Mit den Argumenten, mit denen Ihr gegen die Volksinitiative und Elsässer polemisiert, müßtet Ihr Euch auch gegen die Opel-Arbeiter wenden. Kommt das noch?

Selbstverständlich gilt: Über alle diese Fragen würde ich gerne mit Euch diskutieren. Entweder schon auf der LiMA. Oder auf jedem anderen öffentlichen Podium. Meldet Euch!

P.S. Was mir grad noch einfällt: Wenn eine Gruppe sich „Prager Frühling“ nennt, sollte sie mit Polemik gegen die Verteidiger des Nationalstaates vorsichtig sein. Was Alexander Dubcek und die Seinen sich 1968 aufs Panier geschrieben hatten, war nämlich die Verteidigung des tschechoslowakischen Nationalstaates gegen das, was als sowjetisch-imperiale Einmischung empfunden wurde. Die Demonstrationen in Prag 1968 waren ein Meer tschechoslowakischer Flaggen. Wäret Ihr konsequent, müßtet Ihr Euch umbenennen …

(Vollständige Stellungnahme des „Prager Frühling“ unter

http://www.prager-fruehling-magazin.de/topic/6.redaktionsblog.html)